Die Strafverfolgung ist dem Werberecht eigentlich fremd. Unlautere Werbehandlungen können durch Anspruch auf Beseitigung oder Unterlassung und Schadensersatz verfolgt werden. Strafbarkeit ist aber immer gegeben, wenn Werbepraktiken über bloße Unlauterkeit hinaus Mittel der Belästigung, der Nötigung und der Gewalt verwenden.

Aber auch Werbemaßnahmen ohne solche extremen Auswüchse sind strafbar, wenn sie durch unwahre Angaben den Anschein eines besonders günstigen Angebotes hervorrufen und dadurch eine Beeinflussung der Verbraucher herbeiführen und der Werbeschwindel öffentlich bekannt gemacht oder mitgeteilt wird.

Der strafbare Anschein eines besonders günstigen Angebots wird z. B. vermittelt, wenn die trügerische Fiktion aufgestellt wird, man könne das beworbene Produkt zu  günstigeren Bedingungen als den normalen Marktbedingungen kaufen, z. B. zu einem abgesenkten Preis mit „prima Qualität“ erlangen und dabei verschweigt, dass das Produkt aus minderwertigen Material besteht.

Zu nennen sind dabei der Räumungsschwindel, z. B. beim Teppichhandel, bei dem mit Preisvorteilen für minderwertige Ware wegen angeblicher Geschäftsaufgabe geworben wird, die Werbung für Zeitschriftenabonnements mit angeblicher sozialer Gewinnverwendung oder die Werbung für den Kauf angeblicher Behindertenware etc.

Werden Kunden mittels solcher Werbung zu Warenbestellungen veranlasst, ist der  Straftatbestand erfüllt.

Besonders unter Strafsanktionen stehen Schneeballsysteme, auch „Progressive Kundenwerbung“ genannt, und Pyramidensysteme.

Ein Schneeballsystem liegt vor, wenn Verbraucher zur Abnahme von Produkten durch das Versprechen besonderer Vorteile veranlasst werden, wenn sie andere Verbraucher zum Abschluss gleichartiger Geschäfte veranlassen. Den so geworbenen Verbrauchern werden wiederum diese Vorteile für die Werbung weiterer Teilnehmer versprochen.

Mit diesem System zur Verkaufsförderung besteht der Anreiz des Verbrauchers darin, eine Vergütung zu erzielen, die hauptsächlich durch die Einführung neuer Verbraucher in das System erzielt wird und weniger durch den Verkauf oder Verbrauch von Produkten.

Ein weitere Variante liegt vor, wenn Waren Kaufinteressenten zeitlich begrenzt in bestimmten Preisgruppen angeboten werden (sog. Powershopping-System). Die Teilnehmer erzielen durch das an bestimmte Kundenzahlen gebundene Versprechen ganz erhebliche Preisnachlässe. Die Kunden lassen sich von dem spekulativen Aspekt in den Bann ziehen, einen besonders günstigen Preis zu erreichen. Ihre Kaufentscheidung treffen sie somit nicht nach der Preiswürdigkeit der Ware, sondern weil sie die betreffende Ware gerade in der betreffenden Preisgruppe erwerben wollen. Dieses Vertriebssystem ist darauf abgestellt, die Spiellust der Kunden anzuregen.

Grundsätzlich strafbar ist das unter dem Begriff „Herzkreis“, oder „Schenkkreis“ bekannt gewordene Pyramidenspielsystem.  Das Spielsystem ist darauf angelegt, dass die ersten Mitspieler einen (meist) sicheren Gewinn erzielen, während die späteren Teilnehmer ihren Einsatz verlieren, weil in absehbarer Zeit keine neuen Mitspieler mehr geworben werden.

Für die Verfolgung strafbarer Werbung ist kein Strafantrag erforderlich. Die Strafverfolgung liegt im öffentlichen Interesse, jedenfalls wenn durch unrichtige Angaben ein nicht unerheblicher Teil der Verbraucher irregeführt wird. Die Staatsanwaltschaft muss nach pflichtmäßigem Ermessen entscheiden, ob sie ein öffentliches Interesse annimmt oder nicht. Außerdem sind der Werbeschwindel und progressive Kundenwerbung auch Privatklagedelikte. Sie können demnach vom Verletzten im Wege der Privatklage verfolgt werden. Das gilt auch dann, wenn die Staatsanwaltschaft ein öffentliches Interesse nicht annimmt. Privatklageberechtigt ist, wer durch die behauptete Tat unmittelbar in seinen eigenen rechtlichen anerkannten Interessen beeinträchtigt ist. Das sind im wesentlichen Wettbewerber und Verbraucher.

Der Gesetzgeber hat in § 10 UWG erstmalig neben der strafrechtlichen Sanktion auch einen eigenen, werberechtlichen Gewinnabführungs­anspruch eingeführt. Dieser Gewinnabführungsanspruch greift in allen Fällen vorsätzlich begangener unzulässiger Werbung. Ein Werbetreibender wird sich überlegen müssen, ob er eine unlautere Werbung be­treibt, mit der er keinen ihm verbleibenden Gewinn erzielt. Das gilt sowohl für die vorsätzliche irreführende Wer­bung, für vorsätzlich begangene unlautere Werbemaßnahmen als auch für eine vorsätzlich unzumutbare Kundenbelästigung und vorsätzliche Verstöße gegen die Regelungen der vergleichenden Werbung.