Der Staat hat verschiedene Druckmittel, um fällige Steuern beizutreiben. Werden fällige Steuern nicht entrichtet und erfolgt nach Mahnung und Vollstreckungsandrohung keine Zahlung, beginnt die Vollstreckung, die von dem Finanzamt bzw. dem Hauptzollamt eingeleitet wird. Alle Vollstreckungsmaßnahmen bleiben aber erfolglos, wenn der Steuerpflichtige sich der Vollstreckung entzieht, sei es, dass er unbekannt verzieht oder sich ins Ausland absetzt. Bei solchen erfolglosen Vollstreckungsmaßnahmen steht der Finanzbehörde ein weiteres, bisher wenig bekanntes Druckmittel zur Verfügung. Es kann dem Steuerpflichtigen den Pass entziehen lassen.
Beispiel:
Ein 60-jähriger Steuerpflichtiger ist nachhaltig seiner Verpflichtung, die festgesetzten Steuern zu zahlen, nicht nachgekommen und schuldet jetzt dem Finanzamt den Betrag von mehr als 1.Million € an Einkommen- und Umsatzsteuer sowie erhebliche Säumniszuschläge.
Er hat weder Stundungsanträge gestellt noch Teilzahlungen geleistet.
Einen tatsächlichen deutschen Aufenthaltsort des Steuerpflichtigen konnte die Finanzbehörde nicht ermitteln. Festgestellt wurde, dass er in der Vergangenheit wiederholt seinen inländischen Wohnsitz gewechselt hat, ohne es der Meldebehörde mitzuteilen. An dem letztbekannten Ort war er ebenfalls für die Vollstreckungsbeamten – trotz Namensschild am jeweiligen Hauseingang – nicht anzutreffen. Hausbewohner teilten mit, dass der Steuerpflichtige seit Monaten nicht mehr gesehen worden sei. Weitere Hinweise ergaben, dass er sich im Ausland aufhalten soll.
Damit liegen bereits die Voraussetzungen für einen Passentzug vor. Wenn der Steuerpflichtige wiederholt seinen Aufenthaltsort ohne Benachrichtigung der zuständigen Behörden wechselt oder sich häufig im Ausland aufhält, liegen bereits ausreichende Anhaltspunkte für einen „Steuerfluchtwillen“ vor.
Nach der jüngsten Rechtsprechung kann bereits eine außerordentlich hohe Steuerschuld allein die Annahme rechtfertigen, dass der Steuerpflichtige sich seinen steuerlichen Verpflichtungen durch Flucht entziehen will. Das Finanzamt kann in solchen Fällen bei der Passbehörde beantragen, den Reisepass einzuziehen. Will der Steuerpflichtige in das Ausland ausreisen oder kehrt der aus dem Ausland in die BRD zurück, so kann sein Pass an der Grenze eingezogen werden. Es könnte sogar, wenn er im Ausland lebt und der Besitz des Passes eine Voraussetzung für die Aufenthaltsgenehmigung im Ausland ist, ggf. auch eine Rückkehr in die BRD erzwungen werden, wenn die zuständige Passbehörde den Pass entzieht.
Es handelt sich beim Passentzug aber um keine Vollstreckungsmaßnahme. Demnach können Rechtsmittel nicht beim Finanzamt bzw. Finanzgericht eingelegt werden.
Gegen die Einziehung und die Sicherstellung eines Passes sind Widerspruch und Anfechtungsklage beim Verwaltungsgericht zulässig.
Zu beachten ist jedoch, dass Widerspruch und Anfechtungsklage gegen die Sicherstellung eines Passes keine aufschiebende Wirkung haben. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann beim Gericht allerdings beantragt werden. Es empfiehlt sich hierzu einen Rechtsanwalt hinzuziehen.
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