Nach dem Todesfall eines geliebten Verwandten kommt es häufig im Familienkreis zu heftigen Streitereien, insbesondere wenn unter den Papieren und Unterlagen des verstorbenen kein Testament aufgefunden wird. Wo ist das Testament?

So gewiss sich Familienangehörige über die Existenz eines solchen Testamentes sind, so sicher sind sich die Erben, dass der oder die Schuldige nur derjenige sein kann, der Zugang zu der  Wohnung des Verstorbenen hatte. Dabei sind vor allem die Kinder oder Enkelkinder, die im Umfeld des Verstorbenen gelebt haben, verdächtig.

Kann das Testament nicht aufgefunden werden, ist guter Rat teuer. Jeder der potenziellen Erben glaubt zu wissen, welche Verfügungen in dem fehlenden Testament getroffen worden sind. Kann letztlich das Testament nicht gefunden werden, herrscht zwischen den Beteiligten bitterer Streit.

Jeder verdächtig jeden und tiefes Misstrauen herrscht zwischen den gesetzlichen oder vermeintlich testamentarisch bedachten Erben.

Letztlich bleibt- wenn das Testament verschwunden bleibt- nur die Verteilung des Nachlasses nach den gesetzlichen Vorschriften, wobei alle mündlich geäußerten Wünsche des Erblassers nicht berücksichtigt werden können. Daher gehören Testamente in die Hände des zuständigen Amtsgerichtes. Dort wird das Testament in der Hinterlegungsstelle im Nachlassgericht aufbewahrt.

 

Das Testament ist bereits wirksam, wenn es handschriftlich mit Datum und der der eigenen Unterschrift versehen ist. Eine notarielle Beurkundung ist nicht erforderlich. Außerdem bleibt  ein errichtetes Testament wirksam, auch wenn es verschwunden ist, es sei denn es wurde vom Erblasser selbst vernichtet. Ist das Testament allerdings lediglich nach dem Tod des Erblassers verloren gegangen oder unauffindbar, kann der Inhalt des verschwundenen Testaments auch durch eine bloße Kopie oder eine vorhandene nicht unterzeichnete Abschrift bewiesen werden. Hilfreich können dabei auch Briefe des Erblassers sein, die dieser kurz vor seinem Tode geschrieben hat, und in denen das Testament und sein Inhalt erwähnt werden.  Auch alle anderen Beweismittel der Zivilprozessordnung, wie Zeugenbeweise sind zugelassen, um den Inhalt des Testamentes zu bestätigen. Es gilt dann, was im verschwundenen Testament angeordnet war. Der Umstand, dass ein Testament nicht aufgefunden werden kann, enthält somit keine Vermutung dafür, dass der Erblasser es selbst absichtlich vernichtet hat, was einem Widerruf gleich käme.

Gibt es also Beweismittel dafür, dass der Erblasser ein Testament errichtet hat, können Ansprüche mit dem nachweisbaren Inhalt des nicht auffindbaren Testamentes geltend gemacht werden. Ergeben die Zeugenaussagen indessen, dass der Erblasser mehrere inhaltlich oder zeitlich verschiedene Testamente errichtet hat, wird die Bestätigung des Inhaltes des gültigen letzten Testamentes durch Zeugen schwierig.

 

Angesichts der Vielfältigkeit der im Erbrecht möglichen Fallkonstellationen und den häufigen Änderungen der Grundlagen durch den Gesetzgeber oder die Gerichte ist es mindestens bei komplexeren Familienverhältnissen (Patchworkfamilie,  Kinder aus verschiedenen Ehen)

unbedingt ratsam, sich bei der Errichtung eines Testament anwaltlich beraten zu lassen.